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Gerold Biner: Ein letztes Mal über den Sechstausendern des Himalayas

Gerold Biner und sein Team befinden sich derzeit im indischen Manali. Jährlich reist eine Gruppe von Piloten, Flughelfern und Technikern in die auf 2'000 Meter gelegene Stadt Manali, in der die Air Zermatt an einer Heliski-Firma beteiligt ist. Beim täglichen Heliski-Betrieb trainieren die Piloten ihre Fähigkeiten auf bis zu 7'000 Metern. Gerold Biner macht nach 24 Jahren in Indien wohl zum letzten Mal den Himalaya unsicher.

16. März 2023
Céline Bader

Gerold, wie ist dein bisheriger Aufenthalt in Indien und was machst Du vor Ort?

Die Basis ist hervorragend aufgebaut und wir fahren seit dreieinhalb Wochen im indischen Himalaya mit unseren Gästen Pulverschnee. Neben dem Heliski fliegen wir auch Rettungen für die lokale Bevölkerung.

Gestern beispielsweise kamen vier lokale Tourengänger nicht wie geplant von einer grossen Skitour zurück und wir mussten nach ihnen suchen. Gottseidank haben wir sie wohlbehalten aufgefunden.

Wie oft warst Du schon in Manali und worauf hast Du dich besonders gefreut?

Ich komme seit 1999 nach Manali und freue mich hauptsächlich auf die Begegnungen mit diesen netten Bergbewohnern. Es gibt ein abgelegenes Dorf zwischen Manali und Dharamsala und das heisst Bara Bhanghal. Hier leben ein paar hundert Menschen komplett isoliert, ohne Strasse und Strom.

Im Herbst wird ein Grossteil der Kuhherden und Schafe während fünf Tagen über die Pässe in den wärmeren Süden gebracht. Ein Teil der Familien, heuer sind es 16 Leute, bleiben zurück, bewachen das Dorf und überleben den Winter mit spärlichen Mitteln. Letzte Woche haben wir die Dorfbewohner in Bara Bhanghal besucht; für mich war es ein Wiedersehen nach 20 Jahren mit Leuten, die ich noch von damals kannte. Nicht nur für mich, sondern auch für unsere Gäste war das ein unvergessliches Erlebnis.

Und dann habe ich mich natürlich auch auf diese unfassbare Bergwelt gefreut, wo die Gipfel zwischen 6000 und 7000 Meter hoch sind.

Wir verfeinern die Start- und Landetechnik an der Leistungslimite der Maschine.

Mit wievielen Piloten und Flughelfern bist Du vor Ort und weshalb ist dieses Training für sie so wichtig?

Im Moment sind Benjamin Zenhäusern als Pilot und Andreas Lehmann als Mechaniker und Rettungssanitäter hier mit mir in Manali. Für uns Piloten ist dieses Training enorm wichtig, um daheim die schwierigen Rettungsflüge meistern zu können. Jeden Tag landen wir mit vollbeladenem Helikopter auf bis zu 5000 Metern über Meer und verfeinern so die Lande- und Starttechnik an der Leistungslimite der Maschine.

Wie sieht dein Tag in Indien aus?

Um 7:30 Uhr treffen sich Bergführer, Mechaniker und Piloten zum Briefing. Hier legen wir den Tagesablauf fest. Nach dem Frühstück geht’s dann gegen 9:00 Uhr in die Luft und gegen 14:30 Uhr kommen alle zurück zur Basis und geniessen das köstliche Essen von unserem Chef Bob.

Welche Herausforderungen birgt Manali flugtechnisch? Wo werden die Piloten gefordert und wo bestehen Parallelen zu unserem Gebirge?

Die Herausforderungen sind ungefähr gleich. Es ist diese Landetechnik, welche wir bis zu 40 Mal am Tag üben und so auch unser Selbstvertrauen stärken können. Der aufwirbelnde Pulverschnee raubt uns im Endanflug die Sicht und auch hier gilt es, den Helikopter punktgenau abzusetzen, ohne dass wir die Referenz verlieren. Diese Situation kommt bei uns häufig bei Rettungsflügen vor.

Im unberührten Pulverschnee wird der Skitag zum Highlight. 

Welche Infrastruktur steht euch zur Verfügung und wo lebt Ihr in dieser Zeit?

Den technischen Standard, was die Baseninfrastruktur anbelangt, kann man natürlich nicht mit jener im Wallis vergleichen. Wir können unsere Helis im warmen Hangar warten. Hier müssen die indischen Flughelfer, welche übrigens bei uns ausgebildet werden, den Helikopter jeden Abend abdecken und warten. Wir leben quasi in knapp 20 Meter Entfernung vom Heliport in einem Hotel, mit allem, was man in einer Heliskilodge braucht.

Was macht Ihr in den freien Stunden?

Nach dem Debriefing gegen 16:00 Uhr fahren wir oft nach Manali oder ins benachbarte Vashisht, um noch etwas einzukaufen, ein Bier zu trinken oder einfach Bekannte zu besuchen. In all den Jahren haben wir hier viele Freundschaften geschlossen und geniessen dank den Rettungseinsätzen für die lokale Bevölkerung einen guten Ruf. Mittlerweile hat übrigens praktisch jedes Taxi einen Aufkleber der Air Zermatt, deshalb fühle ich mich auch so wohl hier!

Du hast das Schlusswort.

Nach 24 Jahren wird das wohl das letzte Mal sein, in dem ich im indischen Himalaya fliegen darf. Auch hier gilt die Grenze «60 Jahre» für Helikopterpiloten. Daher geniesse ich jede Kurve und jeden Moment in dieser unglaublichen Bergwelt.

Nach der Arbeit geniesst das Team die gemeinsame Zeit bei warmen Temperaturen. 

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