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«Der Bezug zur Rettung bleibt wohl immer bestehen»

Philipp Imboden aus St. Niklaus ist ausgebildeter Rettungshundeführer. Mit seiner Hündin Chilly fliegt er mit der Air Zermatt zu Lawineneinsätzen.

01. März 2023
Céline Bader

Die Arbeit mit den Hunden nahm seinen Anfang vor 15 Jahren, als Philipp noch als Patroulleur in Zermatt arbeitete: «In Verbindung mit Lawinen und Rettungseinsätzen war es naheliegend, mit den Vierbeinern zusammenzuarbeiten.»

Die dreijährige Malinoishündin Chilly ist Philipps dritter, einsatzfähiger Lawinenhund: «Der Einstieg mit meinem ersten Hund war anspruchsvoll und es gab viel Neues zu lernen.» Trotzdem weckte die Zusammenarbeit mit seinem Gefährten beim 44-Jährigen eine Passion: «Ich habe mein Pensum im Job reduziert und mich mehr auf die Aus- und Weiterbildung mit Hunden fokussiert.»

Irgendwann sei schliesslich der Punkt gekommen, an dem er sich für seinen bisherigen Job oder die Selbstständigkeit entscheiden wollte. Heute ist er nebenberuflich Rettungshundeführer im Bereich Lawinen und Mantrailing, aber auch Kursleiter für die Lawinenhunde im Oberwallis, technischer Leiter der Geländesuchhunde und Instruktor im Mantrailing  KWRO und führt seine eigenen Hundeschule in St. Niklaus.

Während sich Geländesuchhunde auf die Suche nach einer vermissten Person konzentrieren, gehen die Hunde im Mantrailing dem Individualgeruch einer bestimmten Person nach. Dazu bekommen die Hunde ein Kleidungsstück der vermissten Person vor die Nase. Sie folgen dann dieser Geruchsspur. Rund drei bis vier Jahre dauert es, einem Hund die geforderten Fähigkeiten anzutrainieren.

Der erste Ernstfall

Philipp erinnert sich noch gut an seinen ersten Lawineneinsatz. Damals hat ihn Nero, sein erster Lawinenhund begleitet: «Eine recht nervenaufreibende Übung, wenn man bedenkt, dass Mensch und Hund eine grosse Verantwortung übernehmen und liefern müssen.»

Mit jedem Einsatz käme jedoch nicht nur die Sicherheit, sondern auch das Vertrauen in das Können des Hundes.

Im Oberwallis stehen derzeit 27 Lawinen-Hundeführer im Einsatz. Diese sind in den Regionen Brig-Simplon, Leukerbad-Lötschental und Saastal-Mattertal, jeweils als Team für eine Woche während 24 Stunden im Pikettdienst einsatzbereit. Aufgeboten werden sie über die Kantonale Walliser Rettungsorganisation KWRO.  

«Wenn ich einsatzfähig bin, gebe ich der KWRO einen Landeplatz durch, welchen ich innerhalb von fünf Minuten erreichen kann. Die Air Zermatt holt mich und den Hund dann mit dem Helikopter ab.» Beim Piloten und der Rettungscrew handle es sich um ein eingespieltes Team: «Wir sind froh, dass dieser Teil der Operation immer einwandfrei funktioniert und wir uns auf das Know-How des Piloten verlassen können.»

Damit der Hund weiss, wie er sich im und um den Helikopter verhalten muss, wird vorgängig ein Kurs absolviert. Das Fliegen per se sei jedoch nie ein Problem: «Meistens geniessen sie den Flug sogar.»

 Auf Platz angekommen, gilt es ernst. Die Hunde sind ausgebildet, auf Kommando das Gebiet, zum Beispiel den Kegel einer Lawine, abzusuchen. Hier sind die Infos massgebend: Wie viele Menschen suchen wir? Haben wir einen Anhaltspunkt, wo wir suchen müssen? Je genauer die Infos sind, desto gezielter wird das eingegrenzte Gebiet abgesucht.

«In diesem Moment zählt jede Minute. Mensch und Hund sind höchst konzentriert.» Die Realität zeige sich oft bei der Bergung; nur weil die Hundeführer jemanden schnell orten können, bedeutet das noch lange nicht, dass die Person überlebt hat. Die Menschen werden mal lebend, mal leblos geborgen. Gerade bei Lawineneinsätzen seien die Überlebenschancen durch die ungenügende Sauerstoffzufuhr der Opfer aber gering. «Bei Lawineneinsätzen ist die Zeit unser grösster Feind»

Mit seiner Hündin Diva hat Philipp bereits mehrere Erfolgserlebnisse gehabt und insgesamt fünf Menschen aufgespürt. Zwei Personen konnten bei Lawineneinsätzen gefunden werden, zweimal hat sie bei der Geländesuche  die vermisste Person gefunden und einmal im Mantrailing einen entscheidenden Hinweis geben können, wodurch die gesuchte Person schliesslich gefunden wurde.

Für künftige Lawineneinsätze ist Chilly seit vergangenem Jahr einsatzfähig – Diva darf sich nach getaner Arbeit zur Ruhe setzen und ist nun pensioniert.

Das Hochleistungsorgan der Vierbeiner

Die Nase des Hundes – ein beeindruckendes Werkzeug, welches auch Philipp immer wieder erstaunt: «Aus grossen Distanzen und auch unter meterdicken Schneedecken wittern diese Tiere die Zielpersonen. Deshalb gilt: Bei einem Einsatz ist nicht der Mensch, sondern der Hund der Chef – er hat schliesslich die Nase.»

Junge Hunde sind körperlich zwar fitter, in diesem Business gelte jedoch ganz klar Erfahrung als Tugend. Trainiert wird ein Hundeleben lang. Das Lawinentraining findet demnach zwischen Mitte November bis Ende März alle 14 Tage statt.

Auch dieses Jahr mussten Philipp und Chilly schon zu Einsätzen ausrücken. Die Schneeverhältnisse sagen wenig über die Einsatzzahlen aus; wenig Schnee schliesse viele Einsätze nicht aus. Der Aufbau der Schneedecke seien massgebend.

Wenn Philipp auf das letzte Jahrzehnt zurückblickt, sieht er einen grossen Fortschritt: Die Technik ist vorangegangen, Lawinensprengungen sind effektiver und es wird viel mehr Prävention betrieben. Trotzdem wird es immer wieder zu Lawineneinsätzen kommen; zu 10 bis 12 Einsätzen rücken die Hundeführer des Matter- und Saastal durchschnittlich aus.

Rettungshundeführer, definitiv kein alltäglicher Job. Für Philipp bringt er viel Freude - insbesondere das Teamwork zwischen Menschen und Hunden. Aber auch der Gedanke, jemandem zu helfen. «Der Bezug zur Rettung bleibt, einmal angefressen, wohl immer bestehen.»

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